Salutogenese

Salutogenese bezeichnet die Entstehung von Gesundheit und setzt sich etymologisch aus dem lateinischen „salus“ für Gesundheit, Wohlbefinden und Heil sowie dem altgriechischen „genesis“ für Entstehung und Geburt zusammen. Der Begriff wurde in den 1970er Jahren vom amerikanisch-israelischen Medizinsoziologen Aaron Antonovsky geprägt und stellt einen fundamentalen Perspektivwechsel zur traditionellen Pathogenese dar, die sich auf Krankheitsentstehung konzentriert.

Antonovsky entwickelte dieses Konzept nach der Auswertung einer Studie über KZ-Überlebende, bei der 29 Prozent der Frauen trotz extremster Traumatisierung als körperlich und psychisch gesund beurteilt wurden. Dies führte zur zentralen Fragestellung: Was erhält Menschen gesund, und welche Faktoren ermöglichen es ihnen, trotz massiver Belastungen nicht zu erkranken?

Im Zentrum des salutogenetischen Modells steht das Kohärenzgefühl, eine globale Orientierung, die sich aus drei fundamentalen Komponenten zusammensetzt: Verstehbarkeit bezeichnet die Fähigkeit, Lebensereignisse als strukturiert und erklärbar wahrzunehmen; Handhabbarkeit umfasst das Vertrauen in die eigenen Ressourcen zur Bewältigung von Anforderungen; Sinnhaftigkeit repräsentiert die Überzeugung, dass Herausforderungen bedeutsam und der Anstrengung würdig sind.

Das Modell konzipiert Gesundheit nicht als statischen Zustand, sondern als dynamisches Kontinuum zwischen den Polen vollständiger Gesundheit und absoluter Krankheit. Menschen befinden sich stets in einem fließenden Übergang auf diesem Kontinuum, wodurch die gleichzeitige Existenz gesunder und pathologischer Aspekte anerkannt wird.

Generalisierte Widerstandsressourcen bilden das protektive Arsenal, mit dem Individuen Stressoren begegnen, während Schutz- und Risikofaktoren in dynamischer Wechselwirkung die Bewegung auf dem Gesundheitskontinuum determinieren. Die praktische Relevanz manifestiert sich in der Gesundheitsförderung, die auf Ressourcenaktivierung und Stärkung des Kohärenzgefühls fokussiert, anstatt ausschließlich Pathologien zu behandeln oder Risikofaktoren zu minimieren. Dieses bio-psycho-soziale Gesundheitsverständnis hat die Entwicklung der modernen Gesundheitsförderung und Resilienzforschung maßgeblich geprägt.

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